Was ist Diabetes mellitus?
Diabetes mellitus gehört zu den heimtückischen Erkrankungen, weil es jahrelang oder jahrzehntelang weder Schmerzen noch sichtbare Veränderungen im Körper verursacht.
Bei dem Diabetes Mellitus handelt es sich um einen erhöhten Blutzuckerspiegel, der durch biochemische Prozesse die Wände der kleinen und großen Gefäße beschädigt.
Die Blutgefäße, vor allem die kleinen gehen irgendwann zugrunde und ihre Versorgungsgebiete sterben ohne Sauerstoff- und Nahrungszufuhr ab.
Alle Organe können von dieser diabetischen Beschädigung betroffen sein, in den Augen, Nieren und Nerven sind die Veränderungen am frühesten zu erkennen.
Die diabetische Retinopathie im Auge ist die häufigste Folgeerkrankung der Zuckerkrankheit, die unbehandelt sogar zur Erblindung führen kann.
Im Folgenden wird auf die unterschiedliche Diabetes-Typen und diabetische Augenveränderungen eingegangen.
Übersicht
Diabetes-Typen
Diabetes mellitus hat grundsätzlich zwei Haupttypen: Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes.
Bei dem Typ-1-Diabetes funktionieren die insulinproduzierende Beta-Zellen nicht mehr, weil sie durch die körpereigenen Immunzellen zerstört wurden. Aufgrund dieser autoimmunen Reaktion besteht ein Insulinmangel in dem ganzen Organismus, weswegen der Blutzucker (Glukose) nicht in die Körperzellen eintreten kann.
Der Typ-2-Diabetes geht mit einer verringerter Insulinsensibilität der Zellen einher. Insulin ist zwar in ausreichender Menge im Blut vorhanden, aber aufgrund der vermindenten Insulinempfindlichkeit der Zellen können nur ein wenig oder gar keine Zuckermoleküle in die Zellen gepumpt werden.
Neben diesen zwei Typen existieren noch andere Diabetesformen, zum Beispiel Schwangerschaftsdiabetes, bei dem auch eine Insulinunempfindlichkeit (Insulinresistenz) auftritt.
Gewisse Medikamente (Kortikosteroide, wassertreibende Tabletten usw.) und Bauchspeicheldrüsekrankheiten können ebenfalls ein Diabetes mellitus auslösen.
Augenveränderungen infolge der Diabetes-Erkrankung
Wenn der Blutzuckerwert im Blut über längere Zeit erhöht bleibt, können die Beschädigungen der Blutgefäße auch im Auge Schäden anrichten.
Im Auge ist vor allem die Netzhaut vom hohen Blutzuckerspiegel betroffen.
Zahlreiche kleine Gefäße versorgen die unterschiedlichen Schichten der Netzhaut. Die diabetischen Veränderungen manifestieren sich zunächst an den kleinen Gefäßen.
Im Auge können die ersten Zeichen der Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus sehr gut beobachtet werden.
Die diabetische Erkrankung der Netzhaut wird in der Fachsprache diabetische Retinopathie genannt.
Die diabetische Retinopathie wird in eine nichtproliferative und eine proliferative Variante unterteilt.
Der grundlegende Unterschied zwischen den zwei Varianten ist, dass in der proliferativen diabetischen Retinopathie (Netzhauterkrankung) neu gebildete Blutgefäße auftreten, welche zu erheblichen Schäden führen können.
Jeder Diabetiker auch ohne Netzhautveränderungen muss einmal im Jahr von einem Augenarzt untersucht werden.
Die diabetischen Veränderungen in der Netzhaut sind vor allem auf 3 Hauptmechanismen zurückzuführen:
- Undichtigkeit der Haargefäße (verursacht das Makulaödem)
- Verschluss der Haargefäße (verursacht Makulaischämie, diabetische Papillenschwellung)
- Gefäßneubildungen, in der medizinischen Fachsprache Neovaskularisationen (verursachen Glaskörperblutungen, zugbedingte Netzhautablösung, Neovsakularisationsglaukom)
Bei den regelmäßigen augenärztlichen Kontrollen können die Veränderungen auf dem Augenhintergrund festgestellt werden und die Abstände der Kontrolluntersuchungen und die Einleitung einer Therapie bestimmt werden.
Stadien der nicht-proliferativen diabetischen Retinopathie
Netzhautspezialisten unterscheiden insgesamt 3 Stadien der nicht-proliferativen diabetischen Retinopathie.
Bei der milden nicht-proliferativen diabetische Retinopathie handelt es sich lediglich um Gefäßaussackungen. Diese werden in der Medizin als Mikroaneurysmen bezeichnet.
Bei der mäßigen nicht-proliferativen diabetischen Retinopathie treten aufgrund des Fortschreitens der Minderdurchblutung deutlich mehr Veränderungen auf. Dieses Stadium weist Blutungen in der Netzhaut (intraretinale Blutungen), Mikroaneurysem und Cotton-Wool Herde (Infarkte der Nervenfaserschicht) und perlschnurartige Venen auf.
Das 3. Stadium ist die schwere nicht-proliferative Retinopathie. Hier gilt die 4-2-1 Regel.
Diese Regel bedeutet Folgendes:
- intraretinale Blutungen oder Mikroaneurysmen in allen 4 Quadranten der Netzhaut
- perlschnurartige Venen in mindestens 2 Quadranten der Netzhaut
- intraretinale mikrovaskuläre Anomalien: typische Shuntgefäße beim Diabetes
Die schwere nicht-proliferative Retinopathie muss serh ersnt genommen werden, weil sie in 15% der Fälle während einem Jahr in die proliferative diabetische Retinopathie übergehen kann.
Proliferative diabetische Retinopathie
Laut Definition wird eine diabetische Netzhautveränderung als proliferativ bezeichnet, wenn die Gefäßneubildungen die Netzhaut verlassen und Richtung Glaskörper wachsen.
Netzhautspezialisten unterscheiden 2 Tpyen der proliferativen diabetischen Retinopathie:
Bei der proliferativen diabetischen Retinopathie mit keinem hohen Risiko sind Gefäßneubildungen auf dem Sehnervenkopf (Papille) und anderswo auf der Netzhaut zu sehen, aber das Erscheinungsbild des Augenhintergrundes erfüllt die Kriterien der proliferativen diabetischen Retinopathie mit hohem Risiko nicht.
Für die proliferative diabetische Retinopathie mit hohem Risiko sind folgende Befunde charakteristisch:
- Gefäßneubildung auf dem Sehnervenkopf, deren Aussmaß grösser ist, als 1/3 der Sehnervenkopfgrösse
- Gefäßneubildung auf dem Kopf des Sehnerven und Glaskörperblutung
- Neu gebildete Gefäße anderswo auf der Netzhaut, deren Aussmaß grösser ist als die Hälfte des Sehnervenkopfes und Glaskörperblutung ist noch vorhanden
Diabetisches Makulaödem
Das Zentrum der Netzhaut kann nicht selten bei einer diabetischen Retinopathie betroffen sein. Flüssigkeit und Lipidexudate sammeln sich in der sogenannten Makula, der Stelle des schärfsten Sehens.
Früher wurde die Schwellung der Netzhautmitte in der medizinischen Fachsprache als klassisches Makulaödem bei Diabetes definiert und anhand einer Kriterienliste wurde über die Behandlung des Makulaödems entschieden.
Heute wird anhand des OCT-Bildes entschieden. Das OCT ist ein neues diagnostisches Gerät, das mit Hilfe von Laserstrahlen die Netzhautschichten abtastet und die Struktur in einem PC-Monitor darstellt.
Wenn der untersuchende Augenarzt Flüssigkeitskollektion in der Makula des Patienten mit Diabetes entdeckt, muss eine Behandlung duchgeführt werden.
Heute werden Injektionen in den Glaskörper gespritzt. Diese Injektionen enthalten VEGF-Hemmer. VEGF (vascular endothelial growth factor = vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor) ist ein Botenstoff, der bei Sauerstoffmangel in der Netzhaut die Bildung von neuen Gefäßen anregt.
Durch die VEGF-Hemmung gehen die Befässneubildungen zugrunde und die Flüssigkeit in der Makula verringert sich.
Behandlung
Die nicht-proliferativen Netzhautveränderungen müssen in der Regel nicht behandelt werden.
Generell gilt, je ausgeprägter die diabetische Veränderung ist, desto häufiger müssen die Augen kontrolliert werden.
Nur bei sehr schwerer nicht-proliferativer diabetischer Retinopathie kann eine Therapie in Erwägung gezogen werden, da sich dieser Zustand besonders schnell in eine proliferative Reinopathie mit Gefäßneubildungen verwandeln kann.
Die Therapie der Wahl ist eine Laserphotokoagulation. Bei der Laserkoagulation werden Netzhautareale, die sehr schlecht oder gar nicht durchblutet sind, verödet, damit diese Netzhautgebiete keine VEGF-Botenstoffe ausschütten können.
Bei der proliferativen diabetischen Retinopathieform muss die Netzhaut gelasert werden. Netzhautveränderungen, die ein hohes Risiko aufweisen, müssen so früh wie möglich mit dem Laser behandelt werden, damit die Wucherung der neu gebildeten Gefäße verhindert werden kann.
Bei Glaskörperblutungen muss ebenfalls gelasert werden. Wenn die Netzhaut aufgrund einer dichten Glaskörpereinblutung nicht eindeutig gesehen werden kann, dann muss abgewartet werden. In diesem Fall überprüft der untersuchende Arzt mit dem Augenultraschallgerät, ob die Netzhaut noch anliegend ist.
Sobald die Blutung im Glaskörper abgenommen hat, kann die notwendige Laserbehandlung durchgeführt werden.
Wenn eine zugbedingte Netzhautablösung auftritt, muss umgehend operiert werden, damit eine möglichst gute Sehleistung garantiert werden kann. Währenfd dieser Operation wird der Glaskörper entfernt und die minderduchblutete Netzhautareale gelasert.
Zusammenfassung
Patienten mit Diabetes müssen regelmäßig von Augenärzten untersucht werden. Die optimale Einstellung des Blutzuckerwertes ist enorm wichtig, da gute Blutzuckerwerte nur sehr langsam zu Netzhautveränderungen führen.
Der Augenspezialist entscheidet über die Häufigkeit der Augenuntersuchungen anhand des klinischen Bildes. Schwere Netzhautanomalien müssen öfter kontrolliert werden.
Diabetische Makulaödeme werden heutzutage mit speziellen (intravitrealen) Injektionen behandelt.
Sehr schwere nicht-proliferative und proliferative diabetische Retinopathien werden mit dem Netzhautlaser behandelt.
Kommt es zu einer dichten Glaskörpertrübung oder Netzhautablösung, muss das Auge operiert werden.
Weiterführende Links
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